Licht by Harrison M. John

Licht by Harrison M. John

Autor:Harrison, M. John [Harrison, M. John]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Science Fiction
ISBN: 9783453520042
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2013-04-24T17:00:00+00:00


18

Der Zirkus von Pathet Lao

Ein paar Stunden nachdem er Evie Cray erschossen hatte, kam Ed Chianese auf dem Müllplatz hinter dem Gehege der Neuen Menschen zur Besinnung.

Hier draußen herrschte pechschwarze Finsternis, die nur von den grellen Irrlichtern in den Docks erhellt wurde. Ab und zu ritt ein K-Schiff auf seinem langen flammenden Dorn aus Fusionsprodukten in den Himmel und Ed konnte sekundenlang niedrige Hügel, Gruben, Teiche und haufenweise Maschinenschrott sehen. Das ganze Areal stank nach Metall und Chemie. Aus den Werkhöfen krochen Dämpfe, die aussahen wie Bodennebel. Ed übergab sich wieder, und in seinem Kopf spukten wieder die Stimmen aus dem Tank. Er warf die Waffen in den erstbesten Tümpel. Ein Leben wie das seine – und am Ende hatte er jemanden umgebracht! Er musste unwillkürlich daran denken, wie er sich vor Tig Vesicle gebrüstet hatte:

Wenn du alles Lohnenswerte getan hast, dann bleibt dir nur noch das zu tun, was sich nicht lohnt.

Aus dem Tümpel kräuselte hier und da ein wenig Rauch, als sei das Wasser darin nicht bloß Wasser. Kurz nachdem Ed sich der Waffen entledigt hatte, stieß er auf eine verlassene Rikscha. Sie ragte urplötzlich vor ihm auf, ungewohnt schräg, aus dem Zusammenhang gerissen, das eine Rad in einem überfluteten Loch. Seine Annäherung registrierend, begann Werbung über die Seiten des Verdecks zu kriechen, um in der Luft darüber zu gespenstischen Lichtern zu verschmelzen. Musik setzte ein. Eine Stimme hallte über den Müllplatz:

»Sandra Shen’s Observatorium and Native Karma Plant, Incorporating the Circus of Pathet Lao.«

»Danke, nein«, sagte Ed. »Ich gehe zu Fuß.«

Im Widerschein des nächsten Raketenstarts entdeckte er das Rikschagirl. Sie kniete in der Gabel, vornübergebeugt, und atmete – ein heiseres Pfeifen beim Luftholen und ein tiefes Knurren beim Ausatmen. Von Zeit zu Zeit ballte sich ihr Leib wie eine Faust zusammen und begann heftig zu zittern. Dann wieder schien sie sich zu entspannen. Ein, zweimal lachte sie in sich hinein und sagte: »He, Mann.« Sie war so mit dem Sterben beschäftigt, wie sie es mit dem Leben gewesen war, mit derselben Ausschließlichkeit. Ed kniete sich zu ihr. Ihm war, als kniee er neben einem zusammengebrochenen Pferd.

»Halte durch«, sagte er. »Nicht sterben. Du kannst es schaffen.«

Sie lachte gequält.

»Du kennst dich aus, was?«, ächzte sie.

Er spürte, wie ihr die Wärme abhanden kam. Er hatte das Gefühl, sie würde ihr aus allen Poren entfliehen und nie wieder ersetzt werden. Um das zu verhindern, wollte er das Mädchen in die Arme nehmen. Doch sie war einfach zu groß, sodass er sich mit ihrer Hand zufrieden gab.

»Wie heißt du?«, fragte er.

»Warum?«

»Wenn du mir sagst, wie du heißt, kannst du nicht sterben«, erklärte Ed. »Das wär ein bisschen so, als hätten wir was miteinander. Dann würdest du mir was schuldig sein und so weiter, du weißt schon.« Er überlegte. »Für mich ist es wichtig, dass du nicht stirbst«, sagte er.

»Mist«, sagte sie. »Andere scheiden in Frieden dahin. Und mir kommt ein Twink in die Quere.«

Ed war bass erstaunt.

»Woher weißt du?«, sagte er. »Das kannst du unmöglich wissen.«

Sie holte rasselnd Luft.

»Sieh dich an«, verriet sie ihm.



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